zu Beethoven / zu den Werken
Kurz Biographie von Ludwig van Beethoven
Der deutsche Komponist (1770-1827) zählt zu den Vollendern der Wiener Klassik. Seine Hinterlassenschaft von neun Symphonien, fünf Klavierkonzerten, 16 Streichquartetten, 32 Klaviersonaten, sowie der Oper "Fidelio" und zwei Messen, machte ihn zur zentralen Figur der Klassischen Musik und zum Wegbereiter der Romantik. Seine Kammermusik wurde als vollkommen neuartig bezeichnet. Er wurde darüber hinaus auch als Meister der Improvisation bekannt. Heute ist Ludwig van Beethoven, der seine letzten Jahre in völliger Taubheit verlebte, einer der meistaufgeführten Komponisten der Welt. Seine erhaltenen Konversationshefte geben eine tragische Vorstellung über das Empfinden eines vereinsamten Menschen und Genies...
Beschreibungen der Werke: Ludwig van Beethoven
Messe in C-dur op. 86 für Soli, Chor und Orchester
Als Komponist von Kirchenmusik ist Beethoven nur mit einigen wenigen Werken hervorgetreten, die sich alle gegen eine problemlose Einordnung in die herkömmlichen Bereiche dieser Gattung sperren, sei es das Oratorium Christus am Ölberge, zu dem Beethoven später selbst nicht mehr so recht stehen wollte, oder sei es der Gipfelpunkt aller Widersprüchlichkeit zum Konventionellen, die Missa Solemnis.
Auch die Messe in C-dur rief schon bei ihrer Uraufführung am 13.September 1807 in Eisenstadt Verblüffung und Befremden hervor. Fürst Nikolaus von Esterhazy, der das Werk zum Namenstag seiner Gattin in Auftrag gegeben hatte, kommentierte die Aufführung mit den Worten: „Aber, lieber Beethoven, was haben Sie denn da wieder gemacht?“ Die Reaktion des Fürsten demonstriert aufs deutlichste, dass Beethovens Werk von den üblichen Messkompositionen der Zeit auf gravierende Weise abwich. Beethoven hat wohl um diese Distanz zum Konventionellen gewusst, denn am 8.Juni 1808 schrieb er an seinen Verleger Breitkopf: „Von meiner Messe, wie überhaupt von mir selbst, sage ich nicht gerne etwas, jedoch glaube ich, dass ich den Text behandelt habe, wie er noch wenig behandelt.“ Anders als alle seine Vorgänger, allen voran Joseph Haydn, gliedert Beethoven die Messe in fünf selbständige Blöcke, die den Hauptteilen des katholischen Hochamts entsprechen: in Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Benedictus zusammengefasst und Agnus Dei. Innerhalb der einzelnen Teile besteht zwar eine Untergliederung, die aber nicht aus Einzelnummern, aus Arien, Ensembles und Chören zusammengestellt ist, sondern sich nach den tradierten Abschnitten des Textes richtet. Jeder Block ist so ein mehrgliedriges, symphonisches Ganzes, von Soli, Chor und Orchester gleichermaßen getragen. Abgeschlossene Arien-Nummern im bisherigen Sinn existieren bei Beethoven nicht, nur knappe solistische Abschnitte, an die sich die anderen Solostimmen sofort anschließen. Der ariose, konzertante Charakter in den Solistenpartien fehlt völlig. Nicht die materielle Anschaulichkeit des Textes steht im Vordergrund, sondern die Betonung seiner ideellen Bedeutung, Interpretation im eigentlichsten Sinn also.
Diesem Ziel ordnet Beethoven auch den instrumentalen Teil unter. Hier liegt der Grund für seinen Verzicht, auf die für ihn sonst so wesentliche Gestaltung der orchestralen Partien zu suchen. Er vermeidet jegliche thematische oder motivische Arbeit, wenn sie sich nicht aus den Singstimmen, also vom Text her, ableiten lässt. Das Wort und dessen Träger, Chor und Solisten, haben den unbedingten Primat inne, Beethoven geht es um die Aussage, nicht so sehr um die musikalische Ausgestaltung seiner ersten Messekomposition.
von: www.takt1.de / Irmelin Bürgers
Fantasie (Chorfantasie) op. 80 für Klavier, Chor und Orchester
Die Idee der Verbindung von Instrumentalmusik mit einem vokalen Schlussteil zum Zweck der Ausdruckssteigerung ist Beethoven nicht erst bei der Skizzierung der neunten Symphonie gekommen; der früheste Plan scheint bis in das Jahr 1800 zurückzureichen. Auslösendes Moment, einen solchen Gedanken in die Tat umzusetzen, war freilich eine rein ‚praktische‘ Überlegung: Anlässlich der Akademie des 22. Dezember 1808, in der die neuen Symphonien Nr. 5 und 6 ihre Premiere erleben sollten, suchte Beethoven nach einem passenden Schluss-Stück, da er die ursprünglich dafür vorgesehene Fünfte nicht einem schon ermüdeten Publikum vorführen wollte, um deren Erfolg nicht aufs Spiel zu setzen. So stellte er eine Solo-Fantasie für Klavier, Variationen für Klavier und Orchester über die Melodie seines Lieds Gegenliebe (nach Gottfried August Bürger, 1795) und einen Schlusschor zu einer einzigen Komposition zusammen. Dieses Gebilde als Fantasie zu bezeichnen ist gewiss nicht ganz korrekt: Nur der erste, für das Klavier rein solistische Teil (den Beethoven bei der Uraufführung tatsächlich improvisierte) ist eine Phantasie; die insgesamt acht Variationen verschmelzen Elemente des konzertanten und des symphonischen Stils (der fünften und siebten Variation folgen jeweils Durchführungsteile) und münden schließlich in eine Kantate mit zusätzlichem obligatem Klavier, wobei die Singstimmen den Ausdruck der instrumentalen Musik ‚überhöhen‘ sollen. Die Affinität des hier wiederaufgenommenen Variationenthemas zur ‚Freudenmelodie‘ der neunten Symphonie ist leicht zu erkennen; desto befremdlicher, dass Beethoven dieses ‚Chorfinale‘ auf einen höchst trivialen, in letzter Minute bestellten Gelegenheitstext schrieb. Die Deklamation ist ungeschickt und holprig, lässt vermuten, dass der Text (dessen Autor nicht mit Sicherheit festzustellen ist, wahrscheinlich der Bühnendichter Christoph Kuffner) erst nachträglich der fertigen Musik unterlegt worden sei. Der Komponist selbst hat seinen Verleger vor der Drucklegung anzuregen versucht, die Chorstimmen anders, besser textieren zu lassen, was indes leider unterblieben ist.
von: www.takt1.de / Hartmut Becker